Tanzmusik.

Tanzmusik.
Tanzmusik.
 
Im heutigen Sprachgebrauch hat sich der ursprünglich weitgefasste Sinngehalt des Wortes, nämlich »Musik zum Tanzen«, wobei jegliche Art des Tanzes einbezogen wurde, verloren. Tanzmusik bedeutet heute Musik des Gesellschaftstanzes, Musik zum geselligen Tanzen, und grenzt sich ab von Ballettmusik, Musik zum Volkstanz, Kulttanz usw., wobei die Grenzen fließend, die Bereiche oft vermischt sind (moderne Ballette nutzen z. B. auch Tanzmusik als Ballettmusik). Die in den Diskotheken dominierenden afroamerikanischen oder aus ihnen abgeleiteten Tanzmusikformen werden demgegenüber unter dem englischen Begriff Dancefloor zusammengefasst.
 
Tanzmusik hat Unterhaltungsfunktion und beeinflusst in dieser Eigenschaft bewusst und unbewusst Fühlen und Denken ihres Millionenpublikums. Mit der Herausbildung der Musikindustrie wurde sie zur kommerziell produzierten und verbreiteten Ware. Mit dem Aufkommen der Massenmedien Rundfunk, Fernsehen und besonders der Schallplatte vollzog sich ein Gebrauchswandel: Tanzmusik diente nunmehr primär zum Hören (bis hin zur »Überbrückungsmusik« in Magazin-Sendungen oder als Werbeträger), sekundär zum Tanzen.
 
Tanzmusik soll Stimmung erzeugen, Atmosphäre schaffen, zur Bewegung aktivieren. Sie ist im Formaufbau klar überschaubar gegliedert, hat eine eingängige Melodik mit meist einfacher Kadenzharmonik und einen durchlaufenden, tempokonstanten Begleitrhythmus, der meist das wichtigste Identifikationsmerkmal bildet. Die Dauer eines Titels beträgt im Allgemeinen zwei bis vier Minuten. Durch die Massenproduktion unterliegt die Tanzmusik einem großen Verschleiß, was ein ständiges Suchen nach neuen Klangreizen bedingt. So folgte eine Vielzahl konträrer, aber auch ähnlicher Modetänze aufeinander. Als wichtigste Quellen bestätigen sich immer wieder die europäische und die afroamerikanische Folklore in ihren unterschiedlichsten Erscheinungsformen, in unserem Jahrhundert besonders die Musik der Afroamerikaner in den USA, in Kuba, Brasilien, Trinidad, Jamaika und Puerto Rico. Europäische oder nordamerikanische Musiker formten daraus standardisierte Rhythmusmodelle, Tanzlehrer erfanden dazu Schrittfolgen, sodass die kommerzielle Tanzmusik letztlich nur noch sehr mittelbar mit ihren ursprünglich folkloristischen Wurzeln verbunden ist. Einflüsse des Jazz, des Blues und seit den Sechzigerjahren der Rockmusik fügten neue Spielweisen hinzu. Mit dem Aufkommen der Rockmusik als einer spezifisch auf Jugendliche ausgerichteten Form von Tanzmusik wurde die traditionelle Tanzmusik (und damit auch der Begriff) dem Schlager gleichgesetzt — das Wort selbst kam aus der Mode, fehlte im Sprachgebrauch der Jugend und tauchte lediglich im Zusammenhang mit der »Neuen Deutschen Tanzmusik« (Neue Deutsche Welle) kurzzeitig wieder auf. Heute steht der Begriff Popmusik pauschal für mehr oder weniger alle Erscheinungen der populären Musik, die traditionelle Tanzmusik eingeschlossen.

Universal-Lexikon. 2012.

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  • Tanzmusik — Tạnz|mu|sik …   Die deutsche Rechtschreibung

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